Samstag, 26. September 2009

T J Bennett: The Legacy

Wittenberg im Jahr 1525: Sabina von Ziegler ist aus dem Kloster geflüchtet und ist ihrem Stiefvater, dem Baron von Ziegler, schutzlos ausgeliefert. Er zwingt sie, Wolfgang Behaim, den Besitzer einer Druckerpresse, zu heiraten. Auch Wolfgang wurde vom Baron zu dieser Ehe erpreßt. Weder Sabina noch Wolfgang wollen sich verlieben oder verheiratet sein, denn beide hatten in der Vergangenheit schlimme Erlebnisse, und beide haben andere Pläne für die Zukunft. Dennoch fühlen sie sich unwiderstehlich zueinander hingezogen.

Es tut mir ja leid, daß ich mich schon wieder beschweren muß, aber dieses Buch war auch ein totaler Flop. Mir ist unerklärlich, warum es auf AAR so gut bewertet wurde. Wer wie ich schon in den 80er Jahren angefangen hat, amerikanische Liebesromane zu lesen, kann sich an diese Art von Buch wahrscheinlich noch erinnern: der Held ist ein Mega-Macho, der alle fünf Minuten aus ungerechtfertigter Eifersucht oder wegen anderer eingebildeter Beleidigungen seiner Ehre und seiner Männlichkeit ausflippt und der sich nie, aber auch niemals verlieben will, weil Frauen doch nur für das eine gut sind. Die Heldin ist wunderschön, voll unerweckter Sinnlichkeit (bis sie den Helden trifft, natürlich), temperamentvoll, impulsiv und dumm wie Bohnenstroh. Tja, mit 16 habe ich sowas ausgesprochen gerne gelesen, aber da hatte ich ja auch sozusagen keine andere Wahl, denn ich kannte schon alle Georgette Heyer-Bücher, die es in der Stadtbücherei in Dortmund-Scharnhorst gab, und auf den Bücherkrabbeltischen der Dortmunder Kaufhäuser gab es eben nur diese Art von Liebesroman.

Und da ich wie immer pingelig bin, fiel mir als erstes auf, daß sich Wolfgang mit Zitronen-Sandelholz-Seife und Sabina mit Vanille-Rosmarin-Seife wäscht, die ihre Haushälterin für sie herstellt. Okay, daß sie Seife benutzen, nehme ich einfach mal so hin. Schließlich gab es in jedem Zeitalter mehr oder weniger reinliche Zeitgenossen, und ich kenne selbst heute einige, denen man den Gedanken der Körperpflege mal ein bißchen näherbringen sollte. Daß die Seife mit Rosmarin parfümiert ist, kann ich glauben, denn ich habe Rosmarin hier in Deutschland schon in Gartengeschäften gesehen, daher nehme ich an, daß der auch hier wächst. Mit Sandelholz und Zitronen habe ich in diesem Zusammenhang ein Problem: ich vermute, daß es sie in Deutschland schon gab, aber es waren mit Sicherheit sündhaft teure Importwaren, die nur den ganz Reichen vorbehalten waren. Und Wolfgang lebt nicht schlecht von seiner Druckerpresse, aber reich ist er nicht! Aber die Erwähnung von Vanille hätte die Autorin sich wirklich schenken können. Ich habe extra mal auf Wikipedia nachgesehen. Vanille kommt ursprünglich aus Mexiko und Mittelamerika. Falls jemand in Deutschland im Jahr 1525 schon mal von Vanille gehört hatte, dann bestimmt nur jemand, der weitgereist und/oder steinreich war! Und bestimmt wäre niemand auf den Gedanken verfallen, daraus Seife zu machen!

Andererseits ist die Seifenfrage noch das kleinste Problem des Buches. Das größere Problem sind die Personen. Ich kann allerdings nicht sagen, ober mir Wolfgang oder Sabina mehr auf die Nerven geht. Wolfgang wird die ganze Zeit nicht müde, zu betonen, daß er nur seine verstorbene erste Frau geliebt hat, keine andere Frau jemals so wundervoll sein kann wie sie, er sich niemals wieder verlieben wird usw. usw. Man kennt das. Jedenfalls, wenn man vorher schon mal einen schlechten Liebesroman gelesen hat. Trotzdem läßt er Sabina aber nicht in Ruhe. Er kommandiert sie herum, verführt sie, und wird eifersüchtig, wenn sie mit einem anderen anderen Mann ein wenig herumflachst.

Sabina weiß nicht, was sie will. Sie will ein Haus für geflohene Nonnen einrichten. Ach nein, sie liebt Wolfgang und will bei ihm bleiben. Sie haßt Wolfgang und hält es keine Minute länger unter seinem Dach aus. Sie liebt Wolfgang, und er ist der edelste, heldenhafteste Mann der Welt. Usw. usw. Man kennt das.

Natürlich gibt es auch wieder die gefürchtete Weglauf-Szene. Die geht, wie in jedem derartigen Buch, in etwa so: Sabina hört, wie Wolfgang seinem Bruder sagt, daß er sie niemals lieben wird. Die beiden streiten sich, sie kündigt an, daß sie ihn verlassen wird. Er denkt, daß sie das sowieso nicht macht und ist baff, als sie plötzlich weg ist. Oh nein, aber sie liebt ihn doch! Und er sie! Wieso hat er das nicht eher erkannt! Wolfgangs Bruder schlägt vor, sie zu finden und zurückzuholen. Wolfgang äußert sich wie folgt: "Nay!" Wolf shouted. "She should have stayed and given me a chance. She should have understood how hard it is for me to adjust to so many changes after so long. Hell and damnation, she should know how I feel about her by now. Why do I have to explain?" Übersetzt heißt das: ich erzähle zwar meiner Frau und jedem, der mir über den Weg läuft, daß ich nur eine Vernunftehe will, aber wenn sie nicht solch eine Versagerin wäre, wüßte sie dank hellseherischer Fähigkeiten, daß ich sie über alles liebe - obwohl ich selbst das bis vor fünf Minuten auch nicht wußte.

Nach längerem Hin und Her läßt sich Wolfgang jedenfalls von seinem Bruder dazu überreden, Sabina zu suchen. Diese hat außer dem abgelegten Kleid eines Dienstmädchens und einer Laterne nichts weiter mitgenommen und sich auf den Weg zur Burg ihres Stiefvaters gemacht, weil sie glaubt, daß sie sich unbemerkt hineinschleichen, ein paar wichtige Dokumente an sich nehmen und wieder verschwinden kann.

Das einzige, was hier fehlt, ist die in vielen Romanen unvermeidliche Bösewicht-versucht-Heldin-zu-vergewaltigen-Szene. Hauptsächlich deswegen, weil der Haupt-Bösewicht der Stiefvater der Heldin ist, aber immerhin etwas.

Den Rest der Handlung kann sich sicher auch jeder denken: Held findet Heldin, Held und Heldin besiegen gemeinsam das Böse, versichern sich gegenseitig, wie sehr sie sich lieben, und leben glücklich bis an ihr Ende. Natürlich mag ich diese Art von Handlung grundsätzlich, aber ich mag auch Bücher mit intelligenten, sympathischen Hauptfiguren. Diese hier sind leider weder das eine noch das andere, und da Sabina am Ende des Buches schwanger ist, kann man noch nicht mal davon ausgehen, daß die Dummheit nach ihrem Tod ausstirbt. Aber was sage ich da. Wenn die Dummheit ausstürbe, wer würde dann bei Deutschland sucht den Superstar auftreten?

4 Kommentare:

  1. Diese Argumentation "Hell and damnation, she should know how I feel about her by now. Why do I have to explain?" hab ich vor gar nicht allzu langer Zeit schon mal in nem anderen Buch gelesen (und hab blöderweise keine Ahnung, in welchem!) und mich fürchterlich drüber aufgeregt!

    Aber auch unabhängig davon glaub ich, ich hab soeben beschlossen, das Buch ungelesen zu verkloppen. Ich habs auch blind aufgrund der AAR-Rezension gekauft, allerdings gar nicht bemerkt, dass das ein Mittelalter-Roman ist – da steh ich ja eh nicht drauf.

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  2. Und das, wo du doch eigentlich sehr leidensfähig in Bezug auf Liebesromane bist - ich sag nur 2 x Diana Palmer ;-)

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  3. Du verunsicherst mich. Ich sollte das Vorhaben vielleicht noch mal überdenken, wenn ich die beiden Palmers verdaut habe! :D

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  4. Ich wäre jedenfalls ziemlich gespannt auf deine Gedanken zu diesem Buch!

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